Abstrakt
I. Definition der Mediation. Ziel und Zweck des Mediationsverfahrens1. Definition Es ist nicht leicht die Mediation zu definieren und zu charakterisieren, da sie sich durch so viele Formen und Stile kennzeichnet, wie viele Mediatoren es gibt. Zudem wird die Mediation in verschiedenen Lebensbereichen angewendet, vor allem im Familien-, Arbeits- und Wirtschaftsrecht1. Der Begriff „Mediation“ wurde vom lateinischen Adjektiv „medius“ abgeleitet. Das Wort bedeutet so viel wie zwischen zwei Ansichten oder Parteien die Mitte halten, einen Mittelweg einschlagen, sich neutral, unparteiisch verhalten2. Mediation bedeutet im wörtlichen Sinne „Vermittlung“3. Sie „ist ein spezielles Verhandlungsverfahren, bei dem ein neutraler Dritter ohne Entscheidungskompetenz die Parteien eines Rechtsstreites durch zielgerichtete Leitung des Verhandlungsprozesses dabei unterstützt, den Streit selbst gründlich beizulegen“4. Die klassische US-amerikanische Definition von Frank Sander lautet: „Mediation is negotiation carried out with the assistance of a third party“5.2. Die wichtigsten Unterschiede zwischen Mediation und gerichtlichen Verfahren. Ziel und Zweck des Mediationsverfahrens2.1. Mediation als Konsensmodell im Unterschied zum richterlichen Entscheidungsmodell Das wichtigste Merkmal des Mediationsverfahrens ist es, dass die Parteien uneingeschränkt „Herren des Verfahrens“ sind: Sie initiieren die Mediation, sie bestimmen den Ablauf des Verfahrens, sie müssen die Lösung des Konflikts selbständig – oder auch bei Unterstützung des Mediators – erarbeiten; sie können das Verfahren jederzeit und ohne Angabe von Gründen abbrechen6. Darin besteht der wichtigste Unterschied zwischen Mediation und gerichtlichem bzw. Schiedsverfahren. Der Richter ist gehalten, auf eine gütliche Beilegung des Streites hinzuwirken – die richterliche Vergleichsförderung ist demnach mit der Möglichkeit einer bindenden Entscheidung untrennbar. Der Mediator bietet hingegen keine von ihm ausgearbeitete Lösung an7. Anders als Richter (bzw. Schiedsrichter) ist er nicht berechtigt, den Parteien die Entscheidung aufzuerlegen; er ist lediglich Vermittler8. Anders als das Verfahren nach dem Gerichtsmodell ist die Mediation zukunftsorientiert. Das Richtermodell lebt von der Unterscheidung von Rechtstatsachen und Rechtsfolgen. Die Rechtstatsachen sind in der Regel in der Vergangenheit angesiedelt, weil nur so nach richtig oder falsch unterschieden werden kann. Die Mediation, die darauf abzielt, die beiderseitigen Interessen unter einem Dach zu vereinen, geht von der Gegenwart aus und blickt in die Zukunft, um diese so gut als möglich aufgrund der gegebenen Umstände zu meistern und zu sichern9. Sie bezweckt die Neubegründung und Neuformulierung der wechselseitigen Rechte und Pflichten für die Zukunft10.2.2. Ziel und Zweck der Mediation. „Harvard-Konzept“ „Ziel der Mediation ist es, dass die Konfliktparteien im Verlauf des Verfahrens unter Einleitung des Mediators miteinander kommunizieren, selbständig und eigenverantwortlich mit ihrem Konflikt umgehen, sich auf Interessen (Ziele, Wünsche, Vorstellungen) besinnen, statt auf Positionen zu beharren, und nach dieser Grundlage gemeinsam nach kreativen Lösungsmöglichkeiten zu forschen, die beste auszuwählen und diese auszusetzen“11. Als theoretische Grundlage der Mediation lässt sich das an der Harvard Law School entwickelte sogenannte „Harvard-Konzept“ bezeichnen. Danach ist bei Konfliktlösungen maßgeblich auf die „einheitlichen Interessen“ der Parteien und die beste gemeinsame Lösung („Win-Win-Solution“12) abzustellen. Dieses Konzept geht davon aus, dass die „eigentlichen Interessen“ häufig von den öffentlich (beispielsweise in einem Zivilprozess) eingenommenen Positionen abweichen und daher von den Konfliktlösern zunächst freigelegt werden müssen. Im Einklang mit dem Harvard-Konzept zielt Mediation in erster Linie auf eine interessengerechte Beilegung des Streites. Ganz anders als im gerichtlichen Zivilprozess sind die „Sachgerechtigkeit“ des gefundenen Kompromisses und die Übereinstimmung mit der Rechtslage demgegenüber zweitrangig13. In der Mediation geht es nach dem individualisiertem Bedarf, um innengeleitete Willensbildung und gemeinsame Entscheidungsbildung14. Nicht die Frage nach richtig oder falsch, sondern nach möglich und unmöglich, nach Notwendigem und Wünschbarem ist zentral15. Das Mediationsvervahren ist (anders als das Gerichtsverfahren) nicht „der Kampf um das Recht“, sondern „der Streit um den Konsens“16. Diesen Unterschied zwischen Mediations- und Gerichtsverfahren veranschaulicht am besten das unten gezeigte sog. Schema der Stecknadelanalyse (pin analysis)17. Als weiteres Ziel der Mediation gilt es, die Parteien zu einer eigenen, d.h. von ihnen selbst entwickelten Konfliktbeilegung zu führen. Der Ansatz des Harvard-Konzepts kann an einem stark vereinfachten, in der Literatur häufig zitierten Beispiel verdeutlicht werden: zwei Schwestern streiten sich um eine Apfelsine. Nach außen hin beansprucht jede der beiden die ganze Apfelsine für sich. Dies ist die Ebene der Positionen, die auch dem externen Betrachter der Situation sofort ins Auge fällt. Ist das Kräfteverhältnis zwischen den Schwestern einigermaßen ausgewogen oder verlangen sie von ihren Eltern eine Entscheidung, werden sie wohl letztendlich die Apfelsine in zwei Hälften aufteilen (müssen). Begibt man sich von der Ebene der Positionen auf die (innerpersonale) Ebene der Interessen, fragt man nach den wirklichen Beweggründen der beiden, zeigt sich ein ganz anderes Bild: der einen Schwester geht es gar nicht um das Fruchtfleisch, sie möchte nur die Schale zum Backen, während es der anderen gerade auf den Saft und nicht auf den Rest der Frucht ankam. Der Wechsel der Ebenen ermöglicht den Weg zu einer Lösung, die beide zufriedenstellt, ja mehr noch, zu einer Lösung, die die jeweiligen Interessen optimal bedient. Dieses Beispiel macht deutlich, worum es bei der Mediation eigentlich geht18. II. Die Vor- und Nachteile der Mediation. Mediation besser als gerichtliches Verfahren1. Die Vorteile1.1. Mediation und Urteil Es lassen sich vier wichtigste Vorteile der Mediation gegenüber einem gerichtlichen Urteil nennen:1) Ziel und Zweck: Wie schon gesagt wurde, steht in Mediation nicht der Streit über Recht, sondern der Streit über die Wünsche und Bedürfnisse der Beteiligten (also ihre Interessen) im Vordergrund. 2) Modell des Verfahrens: Während das richterliche Entscheidungsmodell prinzipiell nur ein Entweder-Oder bzw. jemand hat Recht oder Unrecht kennt, akzeptiert die Mediation die unterschiedlichen Sichtweisen der Konfliktbeteiligten, die nun einmal immer vorhanden sind. Diese unterschiedlichen Präferenzen sind es gerade, die oft zu Gewinnmöglichkeiten für beide Seiten führen können. „Wenn der Vegetarier...